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Tsunami - Galapagos
Samstag, 27. Februar 2010
Ingrid’s Bericht:
Eigentlich hatten wir für heute einen
Ausflug nach der Insel La Isabela
gebucht, auf den wir uns schon sehr
freuten, denn dort gibt es u.a. auch die
Flamingos ganz aus der Nähe zu sehen,
vom anstehenden Schnorcheln und
Schwimmen ganz zu schweigen; aber
es kam – wie so oft -  ganz anders:
Unser ARC-Mitsegler Jan (Ronja) erhält
um 3:30 Ortszeit (10:30 MEZ) aus
Norwegen die Information, dass es in
Chile (Conceptión) ein Seebeben
gegeben hat mit der Stärke 8,8 auf der
Richterskala und eine Tsunamiwarnung
für den gesamten Pazifik ausgegeben wurde. Eine etwa 5m hohe Welle soll gegen 7:15 Uhr
die Galapagos Inseln erreichen. Jan informiert sofort Rally-Control und verlässt mit seiner
Familie und den beiden Gastkindern das Schiff. Rally-Control versucht alle Schiffe der ARC-
Flotte per Funk zu warnen. Aber wer hat bei einem längeren Aufenthalt in einer sicheren
Hafenankerbucht nachts das Funkgerät an? Nur die „1 + 1“ (Christian) eine Catana, die
direkt neben uns liegt, ist auf Empfang. Christian  weckt und informiert uns sofort. Es ist
inzwischen 4:30 Uhr. Wolfgang und Henning lassen umgehend das Dinghi zu Wasser, um
die Besatzung aller 19 ARC-Boote zu wecken und zu warnen. In der dunklen Ankerbucht die
19 Schiffe der ARC-Flotte auszumachen, ist ein längeres Unterfangen, aber kurz vor 6:00
Uhr sind die beiden zurück. Wolfgang hat vom Klopfen an die Bordwand der Schiffe eine rot
gefärbte und geschwollene Hand. Wir können endlich die beiden Anker lichten (zum
normalen Buganker hatten wir wegen des großen Schwells in der Hafenbucht noch einen
Heckanker gesetzt) und mit voller Fahrt unter Motor und Segel aus der Bucht fahren.
Inzwischen fängt es an zu dämmern und wir haben den südlichen Horizont immer im Auge.
Mit uns zusammen gehen fast alle Boote aus der Bucht, da der Hafenkapitän um 6:00 Uhr
angeordnet hatte, dass die gesamte Bucht zu räumen ist. Der Ort Puerto Ayora mit 15.000
Einwohnern plus Hotelgäste wurde insgesamt evakuiert. Wie wir später gehört haben,
haben sich auch Suzanna und Paul von Rally-Control unter den Letzten zu Fuß auf den Weg
ins Hinterland gemacht. Es soll ein disziplinierter Bandwurm aus Fahrzeugen aller Art, voll
gestopft mit Menschen, gewesen sein, der nach Bellavista ins Hinterland zog.
Der für die Flutwelle vorhergesagte Zeitpunkt 7:15 Uhr rückt immer näher. Wir haben
inzwischen eine Wassertiefe von 183 m erreicht, mehr geht nicht mehr. Zum ersten Mal auf
der Destiny hat Wolfgang angeordnet, dass alle Crewmitglieder und er selbst auch
Schwimmwesten tragen müssen. Henning und Katrin entschließen sich für Lifebelts, Udo
Wolfgang und ich bevorzugen den freien Fall mit Schwimmweste. Gebannt schauen wir alle
auf den südlichen Horizont, aber es passiert nichts. Die Anspannung an Bord ist zum
Schneiden. Wir warten.
Gegen 9:00 Uhr hören wir über Funk, dass drei etwa  2 m hohe Wellen die Ankerbucht
erreicht haben – und wir hatten nichts gemerkt, die Welle war einfach unter uns
durchgezogen. Langsam, aber noch mit einigem Bangen machen wir uns auf den Rückweg.
Gegen 13:30 Uhr gibt der Hafenkapitän die Ankerbucht wieder frei und die am Morgen
ausgelaufenen Schiffe kommen nach und nach wieder zurück. Den ganzen Nachmittag über
verbleibt noch eine gedrückte Stimmung an Bord, jeder beschäftigt sich irgendwie. Wir sind
zwar alle froh, dass nichts passiert ist, aber die Anspannung des Erlebnisses hängt in den
Gedanken aller nach.
5 Schiffe der ARC-Flotte waren in der Ankerbucht geblieben, da ihre Besatzung auf einem 5-
tägigen Landausflug weilte. Bei „Dreamcatcher“ – eine nagelneue Hallberg Rassey hat der
Heckanker der Welle nicht Stand gehalten, das Schiff trieb auf die „Ronja“ zu und ist
mehrfach sowohl mit seiner Steuerbordseite als dann auch mit der Backbordseite gegen
den Ankerbeschlag der „Ronja“ gedonnert. Der Schaden ist erheblich. Als wir später mit
dem Wassertaxi vorbeifuhren, kamen mir die Tränen. Auch die „Ronja“ ist beschädigt, aber
bei Weitem nicht so stark. Mit dem in Panama gekauften Gealcoat können wir Jan helfen,
dass er die Schäden am Schiffsrumpf ausbessern kann.
Auf der „Lady Eve“ war Christoph allein an Bord, die übrigen Bordmitglieder waren auf
Landausflug. Christoph hat sich nicht zugetraut, allein den Anker bei dem starken Schwell
zu lichten. Auch er hat das Boot verlassen und zog mit der evakuierten Bevölkerung
zusammen ins Hinterland zurück. Als sich dort, nachdem bekannt wurde, dass der Tsunami
keinerlei Schäden im Ort verursacht hat, die Aufregung und Anspannung gelegt, bemerkte
Christoph, dass er immer noch die Schwimmweste an hatte.
Die 3 Mal ca. 2 m hohen Wellen haben an den Schiffen, die in der Ankerbucht verblieben
waren, sicher keine größeren Schäden verursacht, aber durch die Rücksogwirkung der
Wellen wurden Teile der Ankerbucht trocken gelegt und die dort befindlichen Schiffe sind
auf dem felsigen Boden umgefallen. Wir haben u.a. ein Motorboot mit einem Loch von
sicher 1 m Durchmesser gesehen.
Zum Ausklang des Tages gehen wir 17:30 Uhr  zur Crazy Hour  ins „The Rock“ wo es an
diesem Tag nur ein Gesprächsthema gibt: der Tsunami.